Samstag, Juli 29, 2006

Halasbach

Die neuerliche Begegnung mit Namy hatte Argent innerlich aufgewühlt. Namy war zwar keine Barbarenfrau, dennoch konnte sie ihre wilde kriegerische Seite nicht verbergen, auch wenn sie sie hinter der Maske der Frömmigkeit verbarg. . Um sich von dem Gedanken an Namy abzulenken, zog es Argent wieder in die Taverne.
Einige Zwergenbiere, die ihre Wirkung nicht verfehlten, später, zog sich Argent in sein Zimmer zurück und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.

Es war kalt. Man konnte mit dem Atem kleine Wolken in die Luft zaubern. Die Luft war so klar, wie sie nur am Meer an einem kalten Wintermorgen sein konnte. Die feurige Scheibe hatte den Hügelkamm noch nicht erklommen, doch waren schon die ersten Schatten zu erkennen. Halasbach lag noch im tiefen Schlaf. Aus den Schornsteinen der Langhäuser stiegen die letzten Rauchsäulen von den Lagerfeuern auf. Einige Wächter versahen ihren Dienst auf der Palisade, schwer auf ihre Speere gelehnt, den Blick auf den Horizont gerichtet. Zwei Drachenboote lagen im Hafen, die Segel eingeholt.
Argent schlummerte noch in seinem aus Bärenfell hergestellten Doppelbett, in seinen Armen lag Asla, sein Weib. Es war eine gute Nacht gewesen, denn sie hatten sich entschlossen eine Familie zu gründen. Es war auch höchste Zeit, denn schon bald hoffte Argent auf männlichen Nachwuchs, welcher die Feuerbringer-Linie fortsetzten sollte.
Aus der Ferne war ein leises Grollen zu vernehmen. Einige Hunde in Halasbach hoben kurz den Kopf oder spitzten die Ohren. Sie waren es, die den drohenden Sturm als Erste wahrnahmen und fingen an zu Bellen.
Jorvik, einer der Barbaren, welche die letzte Wache übernommen hatten sah hinauf zur nahe gelegenen Eiskrone, dem Berg, aus dessen Felsen der Gebirgsbach entsprang welcher Halasbach seinen Namen gab. Jorvik schien es, als ob sich die Eiskrone in Bewegung gesetzt hatte. Er erkannte sofort, dass sich ein großes Schneebrett vom Berg gelöst haben musste und die Schneemassen ins Tal drängten. Sofort schlug er die Alarmglocke um das schlafende Halasbach vor der drohenden Katastrophe zu warnen.
Sofort kam Bewegung in das Dorf. Die Männer griffen zu ihren Waffen, denn die Alarmglocke konnte alles bedeuten, erkannten aber an dem Dröhnen und Rumpeln, dass eine Lawine im Begriff war, das Dorf unter sich zu begraben. Hektisch wurden die notwendigsten Habseligkeiten zusammengepackt. Die Weiber nahmen ihre Kinder unter die Arme, versuchten noch ihre wenigen Habseligkeiten in die Lederranzen zu verpacken und liefen Richtung der Drachenboote.
Als Kapitän einer der Drachenboote war Argent einer der Ersten, die auf das Boot stiegen. Dicht gefolgt von Asla und einigen seiner Besatzungsmitglieder. Jorvik, welcher ebenfalls der erste Maat auf Argents Schiff war, schickte einen Mann in das Nest nach oben um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Velgrimm, welcher das Nest besetzte, bedeutete Argent, dass sie sich aus dem Hafen zurückziehen mussten. Offenbar kam der die ganze Eiskrone auf Halasbach zu. Die Männer legten die Riemen aus und ruderten um ihr Leben. Als sie den Fjord verließen wähnten sie sich in Sicherheit. Beide Drachenboote hatten genug Fahrt gemacht um der Lawine zu entkommen. Lediglich Halasbach war unter ihr begraben und gänzlich zerstört worden. Aber die Barbaren waren es gewohnt in der harschen, unwirtlichen Umgebung zu leben. Halasbach konnte wieder neu errichtet werden.
Ein weiteres Mal meldete sich Velgrimm aus dem Vogelnest. Er wies auf ein fremdartiges Segel hin, welches er am Horizont ausmachen konnte. Es näherte sich sehr schnell.
Zur Sicherheit trennten sich die beiden Drachenboote um gegen einen möglichen Angriff besser gewappnet zu sein.
Vargas, der Kapitän des zweiten Drachenbootes hatte die Mehrzahl an Halsbachern geladen und entschied sich für einen Kurs hart an der Küste entlang. Er hoffte in den Untiefen der Fjorde in Sicherheit zu sein. Argent steuerte auf das offene Meer hinaus um auch die Aufmerksamkeit des fremden Schiffes zu erregen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil er wusste, dass der dritte Kapitän aus Halasbach an diesem Morgen von seinem Streifzug gegen die Piraten zurückerwartet wurde, und er mit hoher Wahrscheinlichkeit diesen Kurs einschlagen würde.
Der Plan beider Kapitäne schien zu funktionieren. Das fremde Segel, welches Velgrimm als Erkundungsschiff der Dunkelelfen identifiziert hatte, nahm Kurs in Richtung Argents Boot.
Schnell war klar, dass die Dunkelelfen das wendigere Boot hatten, denn sie schlossen schnell auf. Ein Kampf war nicht mehr zu vermeiden, also entschied sich Argent ein Wendemanöver durchzuführen, um sich dem Kampf zu stellen. Mit den ganzen Alten, Weibern, Kindern und Viehzeug an Bord, waren die Vorzeichen jedoch nicht die Besten.
Einen Hoffnungsschimmer gab es jedoch. Velgrimm konnte am Horizont die Segel des dritten Drachenbootes ausmachen. Die Crew musste also nur lange genug gegen die hinterhältigen Drows durchhalten.
Noch bevor der Dunkelelfenpirat und das Drachenschiff auf gleicher Höhe waren und die beiden Mannschaften die Enterhaken warfen, schleuderte ein Magier vom Dunkelelfenschiff Feuer- und Eisblitze in Richtung des Drachenbootes. Die Barbaren hatten schon erste Verluste zu Verzeichnen bevor es zum Kampf kam. Dunkelelfen waren und bleiben immer ein Volk voller Feiglinge.
Als es schlussendlich zum Kampf Mann gegen Mann ging, schien sich das Blatt zu wenden. Die Dunkelelfen brachten nicht die körperlichen Voraussetzungen mit um in einem Kampf gegen einen wütenden Barbaren bestehen zu können. Doch ihre Zahl war groß und die Hiebe gut gezielt. Die erste Euphorie wurde nach und nach von Grauen und Entsetzen abgelöst. Die Magier in den Reihen der Dunkelelfen verstanden es ebenfalls den Gefallenen wieder Leben einzuhauchen und die Barbaren sahen sich plötzlich eben erst gefallenen Kampfgefährten gegenüber. Um ihre Kinder zu verteidigen wüteten die Barbaren noch schlimmer in den Reihen der Piraten, doch es war zu spät. Ein Stoßtrupp der Dunkelelfen hatte es in den Bauch des Drachenbootes geschafft und es Leck geschlagen. Ein Entkommen war aussichtslos geworden. Aber auch das Schiff der Piraten hatte schon stark Schlagseite. Wenn die Verstärkung eintraf, würde sich der Kampf zu Gunsten der Halasbacher entscheiden.
Offenbar war den Dunkelelfenpiraten das weitere Drachenboot nicht verborgen geblieben und sie schickten einen Magier um es zu stoppen. Mit dunkler Magie brachte er das Meer zum tosen. Riesige Wellen türmten sich auf und rollten in Richtung des dritten Drachenbootes.
Velgrimm suchte aus dem Vogelnest nach dem Magier. Mit Pfeil und Bogen war er nahezu unschlagbar. Er fand sein Ziel, legte einen Pfeil in die Sehne und machte sich bereit zum Schuß. Er hatte nur einen Versuch, der über Leben und Tod des Stammes entschied. Kurz bevor er den Pfeil losschicken konnte, hörte er ein Krachen unter sich. Die Piraten hatten es geschafft, den Mast zu fällen. Noch im Fallen schickte Velgrimm den Pfeil auf die Reise, hoffend, dass er sein Ziel nicht verfehlen würde.

Argent sah sich derweil dem Kapitän der Dunkelelfen gegenüber und sie fochten einen ungleichen Kampf. Argent versuchte mit wuchtigen Hieben durch die Deckung des Piraten zu dringen um ihn auf einen Streich in die eisige Hölle des tiefen Meeresgrundes zu schicken, während der Dunkelelf durch Schnelligkeit und Wendigkeit versuchte die Deckung des Barbaren zu unterlaufen. Argent hatte jedoch nicht mit der Hinterlist der Dunkelelfen gerechnet, als ihn ein harter Gegenstand am Kopf traf und er bewusstlos über Bord ging.

Schweißgebadet wachte Argent auf. Er ruderte wild mit den Armen und schnappte nach Luft. Es war nur ein Alptraum gewesen, der aber leider der Wahrheit entsprach. Er machte sich sofort in den nahe gelegenen Tempel auf, um für seine ertrunkenen Brüder und Schwestern zu beten. Des Weiteren hoffte er, dass nicht alle Halasbacher bei dem Kampf umgekommen sind und der dritte Kapitän noch einige retten konnte. So schnell er konnte musste er nach Immerfrost und nach seinem Stamm suchen, aber erst hatte er eine Aufgabe in Qeynos zu erledigen. Schließlich war er ein Mitglied der Wache und hatte auch hier Pflichten zu erfüllen.